- Es ist viel weniger Kraftverkehr (kein Wunder, bei Treibstoffmangel!)
- Vor allem gibt es weniger Trucks (die stehen ja auch alle vor der Grenze und vor geschlossenen Tankstellen!)
- Es wird viel weniger gehupt (auch kein Wunder, ist ja auch weniger Verkehr. Aber selbst wenn man das einrechnet, hält man sich doch sehr zurück.)
- Es wird zivilisierter gefahren, z.B. nicht auf der falschen Straßenseite. Beim Abbiegen wird sogar mal der Arm rausgehalten!
- Alle Moped-/Motorradfahrer tragen einen Helm, niemals aber die Sozias.
- Von zehn Tankstellen sind neun geschlossen. Vor den offenen warten die Menschen mit ihren Kanistern auf den Fahrrädern schön in Reihe und Glied ohne jedes Drängeln.
- Es gibt deutlich weniger Müll am Straßenrand, dafür aber mehr Müllplätze mit sortenreiner Trennung.
- Irgendwie geht alles viel gelassener ab.
Im Süden des bergigen Nepals gibt es noch einen wenigen Dutzend Kilometer breiten Streifen der flachen Ganges-Ebene, der Terai genannt wird. In diesem Streifen liegt westlich der Grenzstadt Sinauli nahe der Grenze zu Indien, aber eben noch in Nepal (worauf die Nepali sehr stolz sind) bei dem Dorf Lumbini die Stelle, an der im 5. vorchristlichen Jahrhundert Buddha als Siddhartha Gautama geboren sein soll, was durch historische Forschungen und Ausgrabungen recht gut belegt ist. Dort wurden nämlich Reste eines buddhistischen Klosters aus dem 3. Jh. V. Chr. gefunden und darin einen „Markerstein“, der punktgenau den Ort bezeichnet, an der Buddhas Mutter niedergekommen sein soll. Er zählt zu den heiligsten buddhistischen Orten und darf natürlich nicht fotografiert werden.
Auf diesem weitläufigen Gelände haben einige buddhistische Länder und Gesellschaften Tempel, Klöster und Stupas errichtet. Weitaus am meisten hat uns der thailändische Tempel beeindruckt, zwei blendend weiße Pagodenbauten neben einem Kloster. Darin befindet sich eine Buddha-Statue aus weißem Onyx, die eine Präsenz ausstrahlt, wie wir sie noch nie erlebt haben, und die leider auf einem Foto nicht recht zur Geltung kommt, eben weil ein Foto nur ein Bild und gerade keine Präsenz ist.
In einem Café im letzten Ort vor den Bergen (Budwal) trafen wir einen israelischen Freak, Yonathan, der mit einer Royal Enfield durch Indien und jetzt Nepal reist. Weil das Gespräch so interessant war, haben wir uns im Ort Tansen verabredet.
Nach sechs Wochen Flachland waren wir gar nicht sicher, ob wir Berge überhaupt noch können. Ging dann aber prima! Der Siddhartha- Highway ist meistens gut ausgebaut und führt durch eine phantastische Bergwelt, an der man sich kaum sattsehen kann. Man trifft immer wieder lächelnde Leute; wir werden oft mit „Namastee!“ begrüßt und den vor dem Gesicht zusammengelegten Händen (was wir auf dem Fahrrad natürlich nicht erwidern können). „Heitere Gelassenheit“ beschreibt die Stimmung vielleicht am besten. Überraschenderweise sahen wir in einigen Orten Montessori-Schulen und Kinderhäuser. Eine interessante Frage, die wir nicht beantworten können: Sind die Schulen für Nepali kostenfrei oder nicht? In diesem Schulsystem sind (unseres Wissens) nur die Government-Schulen kostenfrei und jeder versucht seine Kinder auf bessere private Schulen zu bringen. Montessori richtete sich ursprünglich an unterprivilegierte Kinder und Jugendliche.
Terrassenförmige Reisfelder. Garküchen am Straßenrand, an denen wir nur ungern vorbeifahren.
Mit Yonathan verabredet waren wir im „City View Homestay“. Der Name hätte uns zu denken geben sollen: Der Ort liegt an einem extrem steilen Hang und „city-view“ hat man eben nur ganz oben. Wir hatten alle Mühe, unsere Räder da hoch zu schieben. Und weil das so anstrengend war, blieben wir einen Tag, um im Ort herumzustreunen und zu reden, uns in einem Tempel segnen zu lassen. In einem Kino haben wir kurz in das 3-Stunden-Bollywood-Epos „Prem Ratan Dhan Payo“ hineingesehen. Das ist in Indien zur Zeit der absolute Renner, der in drei Tagen ein mehrfaches seiner Produktionskosten eingebracht haben soll.
(Karin): Yonathan ist (u.a.) Yogalehrer, von Indien und Indern begeistert und geht immer wieder in Schulen um dort ehrenamtlich den Schülern und Schülerinnen Yogastunden zu geben. So war er auch in Tansen auf der Suche nach Schulen, wo er tätig werden könnte. Wir hatten eine sehr angenehme und anregende Zeit miteinander, sprachen über Israel und die dortigen Probleme, seine Liebe zu Indien u.v.m. Sein Blick auf die indische Kultur und Seele hat unseren wieder etwas erweitert und vielleicht gelingt es uns im zweiten Teil unserer Indienreise noch etwas gelassener mit den Besonderheiten dieses Landes umzugehen.
An einem Fluss sehen wir von Ferne ganz viele meistens rot gekleidete Menschen. Beim Näherkommen spüren wir die Festtagsstimmung. Hier feiern Hindi und Buddhisten ein Fest, das wie „Tuleikadesi“ ausgesprochen wird, keine Ahnung, wie es geschrieben wird. Orangen, Modeschmuck wird verkauft, an einem Tempel wird gebetet, die Menschen werden in Bussen herbeigefahren, z.T. auf dem Dach sitzend. Im Fluss waschen sich die Menschen, waschen Tücher, lassen Schalen mit Obst oder brennenden Kerzen schwimmen. Manche fasten an diesem Tag. Wir aber keinesfalls! Dazu riecht es immer viel zu lecker!
Wir übernachten in Waling auf halber Strecke; früh geht es weiter nach Pokhara. Die Straße schlängelt sich so auf 1000 Meter durch die Berge, und wir halten oft an, um zu staunen. Für Reiseradler eine echte Genussstrecke! Das Auf und Ab bleibt in angenehmen Grenzen, immer mal wieder kleine Dörfer oder auch Städtchen für Pausen. In den Tälern und Hängen intensive Reisterrassenwirtschaft, auf den Straßen Menschen, die Reisstroh, Frischfutter o.a. in großen Kiepen auf dem Rücken tragen und uns freundlich anlächeln.
Wir nutzen die Gelegenheit, gutes Karma zu sammeln, indem wir eine Gottesanbeterin von der Straße retten und helfen einen Trecker mit beladenem Anhänger anzuschieben. – Es hat geklappt!!
Ich kann es mir so gut vorstellen: Nach der Radtour eine schönes Everest Bier in der Abendsonne vor der Lodge mit super Ausblick. Schon probiert ?
Wir probieren das ständig ;-)!
Klappt allerdings nicht immer. Leider ist uns der Ausblick auf die hohen Berge bislang nicht vergönnt gewesen. D.h. immer nur ganz kurz und sehr diesig. Aber dafür hatten wir ja im Pamir wochenlang Superaussicht! – Wenn auch meistens ohne Bier!
Wir bleiben dran!!
Liebe Karin, lieber Fritz, jetzt “reisen wir” also durch den östlichen Teil Nepals. Soeben hat Fieding die
Berichte gelesen. Die Bilder ergänzen wunderbar, so daß wir das Gefühl haben,dabei zu sein. Vielen Dank !!!!
Es grüßen sehr herzlich, Fieding und Helma
Sehr wohltuende Bilder, die die von Euch empfundene Gelassenheit toll rüberbringen. Eure Gesichter spiegeln es auch-anders als die Bilder vorher.
Weiterhin alles Gute.
Rainer