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Fes

Eine Busfahrt ist für uns ja immer etwas aufregend. Klappt alles? Fährt der Bus? Kommen die Räder mit? Nun, wir waren ausreichend früh am Busbahnhof, nach anfänglichen Problemen mit der Software bekamen wir auch unsere Gepäcktickets – umgerechnet 5€ für immerhin 11 Gepäckstücke! Und letztlich ging auch alles in den Bus. Eine kleine Irritation gab es dann doch. Wir dachten, es wäre der direkte Weg, am Atlas entlang nach Norden. Aber der Bus fuhr auf die Autobahn nach Rabat an die Küste und von dort nach Fes. Na ja, war dann auch ok.

In Fes hatten wir ein bisschen Probleme, unser gebuchtes Riad zu finden. Wir hatten aus Versehen einen etwas falschen Namen gespeichert, nicht weit entfernt – räumlich- aber niveautechnisch! Ein EDEL Riad, in den wir niemals reingekommen wären mit unseren Rädern! Ein Blick ins Innere – unglaubliche Weiten! Es war etwas nervig, denn es wurde langsam dunkel, die Gassen sehr eng, viele junge Männer, die proaktiv uns unbedingt helfen wollten… Am Ende wurde wieder alles gut. Hinter einer unscheinbaren einfachen Tür öffnete sich der schmale Hausflur zu einer weiteren Tür, dahinter der kleine Innenhof. Nach einer telefonischen Rückfrage mit dem Eigentümer erlaubte uns der Mitarbeiter, die Räder in den Innenhof zu stellen. Erstmal für eine Nacht – es wurden dann zwei draus. Das Zimmer war richtig luxuriös für unsere Verhältnisse und die Klimaanlage heizte auch!

Am nächsten Morgen beschlossen wir spontan, uns eine 3stündige Stadttour zu genehmigen, um halbwegs zielorientiert und sicher durch die riesige Medina zu kommen. Es soll die größte zusammenhängende Altstadt weltweit sein! Zum Treffpunkt mit unserem Guide mussten wir allerdings einmal quer durch! Mit googles Hilfe hat es auch geklappt, aber es war stressig, weil wir nie sicher waren, ob der Standort richtig erfasst wurde und wir die richtige Gasse wählten: die Gassen zu schmal und die Gebäude zu hoch. Die Enge und deutlich mehr Schlepperansprache als in Marrakesch erhöhte den Stress. Ihr habt schon so viele Fotos gesehen, deshalb hier nur Miniauswahl.

Mit 5 Minuten Verspätung und etwas abgekämpft kamen wir beim Treffpunkt an. Dann folgten drei interessante Stunden mit dem Guide, wir waren alleine mit ihm unterwegs. Er erläuterte, erklärte, zeigte und führte uns zu wichtigen Highlights. Also: Fes hat über 1 Mill. EW, davon sollen in der Medina ca. 200.000 Menschen leben und arbeiten. Über die Geschichte lest bitte selbst nach, hochinteressant und für hier zu viel. Wir waren in einer der ältesten Koranschulen, jetzt eine Stiftung. Unten wurde gelehrt, oben hatte jeder Student eine winzige Kammer für sich. Die Aufnahme erfolgte nach Empfehlung der vorangehenden Schulen und war nicht sozialstatusbedingt. Die Finanzierung erfolgte vom Staat und reichen Sponsoren.

Hier finden wir im unteren Bereich Mosaikkacheln, die vor Ort passend gebrochen und dann zusammengesetzt wurden. Die geometrischen Muster seien maurisch, florale findet man eher im arabischen und persischen Raum.

Die Qarawiyin Universität (gegr. 859) wurde zu einer der wichtigsten Zentren der Kultur und des Islam. Die alte Medina gruppiert sich drumrum.  Die Moschee ist für Nichtmuslime nicht betretbar und damit auch Muslime sich ihr mit angemessener Demut nähern sind in den näheren Gassen Holzbalken in Kopfhöhe installiert.

In der Nähe der Universität ist ein Gebäude mit typischem Innenhof und Garten, derzeit mit Händlern belegt, aber bis 1944 war es ein Lehrkrankenhaus. Um 1286 gegründet und zur Finanzierung mit ausreichend Ländereien ausgestattet, entwickelte es einen hohen Standard incl. Musiktherapie und Psychiatrie! Übrigens wohnten die männlichen Patienten unten, die weiblichen oben.

Die Medina ist wie immer, in verschiedene Viertel aufgeteilt, mal Textil, mal Gold-/Schmuck, Töpferei, Kupfer, Färberei, Schmieden.

Wir besuchten eine Frauenkooperative, die Pigmente, Gewürze, Arganprodukte etc. verkaufte. Die Mitarbeiterin zeigte uns, wie die Argankapseln aufgeklopft und dann gemahlen werden. Das Öl zum Verzehr, Salat etc. wird mit gerösteten Samen hergestellt, daher der nussige Geschmack und Geruch. Als Kosmetiköl wird es direkt gemahlen. Der Presskuchen wird zum Peeling genommen. Aber das wussten wir ja schon. Am Ende habe ich mich doch zu einem kleinen Fläschchen Massageöl verleiten lassen. Mal sehen, was es kann. Übrigens sollen  klassischerweise nur Frauen in der Arganbranche arbeiten. Auf meine Frage, warum, meinte die Mitarbeiterin, die Arbeit wäre zu langwierig für die Männer, sie seien zu ungeduldig dafür.

Das Highlight war sicher das Gerberviertel mit den jahrhundertealten Gerbereien. Auf der Dachterrasse eines großen Ledergeschäfts konnten wir fotografieren und der Mitarbeiter erklärte das Gerbverfahren, wann wie lange mit welchen Zutaten die Häute bearbeitet werden, bis hochwertiges, feines Leder draus wird. In dieser Gerberei arbeiten ca. 150 Familien selbstständig, jede kauft ihre Häute, gerbt sie und verkauft sie am Ende weiter. Weil es manchmal etwas streng rieche, bekommt man vor dem Betreten einen Minz-Zweig, den man sich unter die Nase halten soll. So schlimm war’s denn aber doch nicht.

Wir haben natürlich nichts im Laden gekauft, aber ein Trinkgeld für die Erklärungen wurde akzeptiert.

Am Ende der Tour waren wir um einiges schlauer aber auch ziemlich platt. Übrigens ist unser Guide ein studierter IT- Fachmann, dessen Arbeitgeber, ein schwedisches Unternehmen, sich aus Marokko zurückgezogen hat und er dann mangels Alternativen in die Touristik gewechselt hat.

So, das war´s aus Fez. Abends hat mich dann zum Ersten Mal auf dieser Reise die Kotzerei erwischt, keine Ahnung, woher. Die Nacht war doof und eigentlich wollten wir uns noch einen Regenerationstag gönnen. Leider war das Riad ausgebucht! Nun denn, also doch auf‘s Rad. Bis Meknès, dem nächsten Zwischenziel, sind es nur gute 60km und knapp 600 Hm auf guter Straße. Es hat gut geklappt, inzwischen haben sich Magen und Darm wieder beruhigt und wir planen die weiteren Etappen.

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