Den Pamir-Highway zu radeln war und ist ein Kernstück unserer Reise. Wir sind so früh im März aufgebrochen, damit wir nicht zu spät in Tajikistan ankommen.- Und jetzt sind wir hier! Es ist schon ganz schön verrückt. Durch diese lange Zeit, die wir unterwegs sind, fühlt es sich normal an, ein Stückchen weiter zu sein und etwas Neues zu erleben. Aber zwischendurch wird mir bewusst, dass wir tatsächlich in Zentralasien auf dem Pamir-Highway sind. Und das fühlt sich schon ganz schön irre an.
In Dushanbe sind wir im Greenhouse-hostel untergekommen. Dieser Name kursierte schon seit dem Iran als „der“ Ort für Pamir-Radler. Und tatsächlich trafen wir dort mehrere Radler und Backpacker, die gerade von dort kamen. Besonders ein Neuseeländer konnte uns sehr wertvolle Informationen über die Strecke und die Versorgungsmöglichkeiten geben. Wir versorgten ihn dafür mit Adressen von guesthouses in Usbekistan und Iran.
Und wir hatten zwei überraschende Begegnungen. Ein junger Deutscher, an sich schon eine Seltenheit hier, meinte, er würde Wolfsburg kennen, er habe dort mal in den Werksferien gearbeitet! Und dann stellte sich heraus, dass er bei einer Bekannten von uns und Ex-Kollegin von mir gewohnt hat!!! Ist das nicht verrückt? Er meinte auch, sie habe ihm damals von uns und unsrer USA-Reise erzählt! Und damit nicht genug. Eine Radlerin aus Leipzig war ebenfalls dort. Sie ist im Hospizverein in Leipzig aktiv und arbeitet dort beim Projekt „Hospiz macht Schule“ mit!!! Sie ist auch auf dem Weg nach Osten, gemeinsam mit ihrem Partner, musste allerdings zwei Tage Pause einlegen wegen Krankheit. Das passiert übrigens jedem mal. Wir hatten jeweils einen Tag in Buchara, das war`s bisher.
Dushanbe ist das absolute Nadelöhr zum Pamir und so ist es nicht verwunderlich, wenn man Leute wiedertrifft. So wie Frederika, das schwedische Mädel, das es durch Turkmenistan wirklich per Rad geschafft hat, und die wir in Buchara getroffen hatten. Wir sind zusammen aus Dushanbe losgeradelt und haben nach den letzten 5 Tagen gelungener Gemeinschaft beschlossen, diese bis Korogh zu verlängern. Wie immer sind diese Fahrgemeinschaften sehr locker und lassen jedem/r die Freiheit, alleine weiterzufahren, wenn es irgendwie nicht mehr passt.
Übrigens haben wir seit Buchara immer wieder auch Ralley-Fahrer getroffen, die die Mongolia-Ralley fahren. Ist nicht unser Ding, aber ganz sicher auch aufregend und abenteuerlich.
Um es kurz zu machen: Wir haben 5 Tage bis Kalaikhum gebraucht. Der erste Tag war geschenkt- Superstraße (die ersten 70km), Rückenwind, up and down, schöne Landschaft. Übernachtung im Vorgarten eines Straßenrestaurants.
Zweiter Tag: Die Straße wurde schlechter, gebrochener Asphalt, Schotter, dazwischen wieder ganz gute Abschnitte. Das ist die Hauptstraße durch Tajikistan! Erstaunlich wenig Verkehr, wahrscheinlich weil die M41, der eigentliche Pamir-highway immer noch wegen des Erdrutsches im Juli gesperrt ist. Abends ging´s dann am Abzweig nach Südosten, endgültig Richtung Pamir. Es war immer noch ziemlich heiß und überall, wo wir Wasser fanden, füllten wir die Vorräte auf. Der Fluss, dem wir folgten, führte braunes, schlammiges Wasser, das nicht filterbar war. Außerdem kamen wir nur selten dicht genug an ihn ran. Abends wieder unter einem fantastischen Sternenhimmel gezeltet. Frederike ist ihren 10.000km gefahren! Und wir hatten kein Bier zum Anstoßen. Erstens, weil es nur sehr selten kleine Läden gibt und zweitens führten sie keinen Alkohol. –Kam uns bekannt vor.
Dritter Tag: Die ersten kleinen abenteuerlichen Augenblicke beim Durchqueren von kleinen Bächen, die über die Straße laufen, wilde Landschaft, und Frederike hat einen Platten, der gleich geflickt wird. Ein Junge saß ca. 2m von uns entfernt und sah uns die ganze Zeit schweigend dabei zu. Normalerweise gestaltet sich der Kontakt mit den zahlreichen Kindern und Jugendlichen in den Dörfern als ein lautes vielstimmiges „hello“-Geschrei, meistens gefolgt vom einem „what´s your name!“ Dabei rennen sie auf uns zu und strecken einen Arm aus, um abzuklatschen. Nun sind erstens die Straßen so, dass wir beide Hände am Lenker brauchen und zweitens hatte ich einmal das Erlebnis, dass ein Junge meine Hand plötzlich festgehalten hat- seitdem ist mir das Risiko zu groß. Manchmal laufen sie auch nebenher. Bei heftigeren Steigungen gehen sie auch schon mal demonstrativ und feixend neben mir her, während ich mühsam und keuchend mein Rad um die Steine bugsiere.
Am vierten Tag passieren wir endlich „die“ Polizei-Kontrollstelle. Davor hatten wir zwar auch schon einige, aber diese ist sozusagen die Eintrittspforte. Nach ein paar km ging es endlich endgültig bergauf. 25 km vor dem Pass ging nichts mehr und wir machten Schluss. Mittags hatten wir schon eine längere Pause gemacht und eine Nudelsuppe gekocht. Für uns ungewöhnlich, aber da ich mich schon wieder etwas „turkmenisch“ fühlte, wollten wir was Neues ausprobieren. Und es half! Außerdem versorgte uns der Bauer neben unserem Schattenplatz mit Köstlichkeiten. Er bzw. seine Tochter kam viermal und brachte uns etwas zu essen auf die Wiese: Zuerst eine große Tasse voll unglaublich süßer Mehlspeise, dann einen Obstteller, dann Brot mit Honig und schließlich noch eine Kanne mit Tee! Auch hier wieder diese spontane Gastfreundschaft. Vielleicht denkt Ihr mal dran, wenn ihr die nächsten Reiseradler in eurer Nähe rasten seht! Über ein kaltes Getränk oder etwas Obst freuen sich die Meisten.
Der Passtag: Kurz nach 8.00 Uhr mit einem guten Frühstück im Bauch gestartet. 25 km und ca. 1200 Hm. Bei uns wäre das kein Thema. Wir brauchten- inklusive zweier längerer und ungezählter Verschnaufpausen (meinerseits) bis 16.00 Uhr. Es war trotz der Anstrengung einfach fantastisch, diese Landschaft, die winzigen Dörfer, die Almen mit dem kräuterduftenden Heu, das die Bauern zurzeit machen- mit der Sense natürlich.
Die Abfahrt war dann nicht minder aufregend, weil die Landschaft sich plötzlich änderte und ganz dramatisch wurde. Steile Felswände, tiefe Schluchten, richtig schlechte und steile Straße. Alle paar km hielten die anderen an, um tolle Fotos zu machen und ich, um meine verkrampften Bein- und Handmuskeln zu lockern. Für Mountainbiker sicher eine paradiesische Abfahrt- 30 km. Wir brauchten glatte drei Stunden dafür. Kurz vor der Dämmerung kamen wir endlich in Kalaikhum an, fanden das angekündigte guesthouse und darin auch schon wieder drei Radler. Die hatten von Dushanbe ein Taxi genommen.
Nun kommen 240 km nach Korogh, die Straße bleibt so, aber wir werden keinen hohen Pass bis dahin haben, sondern eher langsam steigen; mit vielen Hügeln. Wir freuen uns auf diese Etappe.
Also in etwa 5-6 Tagen hört ihr wieder was von uns.