Was soll ich über die letzten Tage noch schreiben? Es ist schon wieder etwas weggerutscht, denn wir sind inzwischen zu Hause. Wir sitzen im warmen Wohnzimmer, schauen in die kahlen Sträucher und Bäume – und es ist ok.
Aber natürlich sollt Ihr einen kleinen Abschlussbericht bekommen, sonst wäre das Projekt irgendwie nicht zu Ende.
Also: Das Highlight der letzten Tage war das Live Event im O Farol in Fuseta. Wir waren schon ganz gespannt, ob wirklich, wie im Buch („Lost in Fuseta“) beschrieben, mittwochs eine Band dort spielt. – Ja!! Und zwar spielt dort der lokale Musikschulleiter, ein völlig cooler Typ, mit ein paar seiner Schülerinnen und Schülern Rockklassiker der 70er und 80er! Das war echt der Hammer. Die kleine Bude wurde gerammelt voll; natürlich vorrangig mit Senioren und Seniorinnen der passenden Altersklasse; teilweise Touristen, aber auch Altfreaks aus dem Ort. Die Gruppe gab alles und die Leute tanzten zu den alten Rockstücken. Manche, wie z.B. ich, konnten einfach nicht stillsitzen, sondern mussten einfach den rhythmischen archaischen Zuckungsimpulsen nachgeben. – Nach ca. 10 min. drang bei mir dann wieder der Verstand durch und erinnerte mich boshaft an die unausweichlichen Folgen solchen Rumhopsens und Verdrehens einzelner Körperteile. Ich gab nach und zuckte ab dann nur noch rudimentär im Sitzen. Die Stimmung war super. Die Band spielte ohne Unterbrechung drei Stunden! Was uns sehr beeindruckt hat: Der Chef hatte alle supergut im Blick und ließ jedem und jeder immer wieder den Raum für Soli. Das waren junge Leute von Anfang bis Mitte zwanzig. Es war einfach toll!
Von Olhão haben wir bisher wenig berichtet. Eine wunderschöne Altstadt, zwei große Markthallen, eine für Fisch und Meeresfrüchte, eine für Gemüse und Obst, an der Uferpromenade mit reichhaltig Gastronomie und Blick auf die Lagune. Überrascht waren wir von der Geschichte Olhãos als Fischkonservenzentrum. Anfang des 20sten Jahrhunderts schossen die Fischkonservenfabriken aus dem Boden, vorrangig Sardinen- und Thunfischverarbeitung. Zeitweise waren in der kleinen Stadt 40 Fabriken. Inzwischen sind es nur noch wenige. Große Wandgemälde an Hauswänden halten die Arbeitervergangenheit lebendig.
Insgesamt haben wir uns etwas in die Ost-Algarve verliebt. Der Blick auf die Salinen und die Lagunenlandschaft mit der unglaublichen Vogelwelt, die kleinen Städtchen mit den engen Gassen, den vielen kleinen Fischerbooten in den Häfen, eine allgemeine Entschleunigung, all das wirkt auf uns wie eine Gegend mit menschlichem Maß – wohlgemerkt im Januar! Durch die flache Lagune hinter den vorgelagerten Inseln ist die Fischerei hier immer auf kleine Trawler begrenzt gewesen.
Am 04.02. ging unser Flug zurück. Risikoscheu wie wir sind hatten wir schon vor zwei Wochen beim ersten Aufenthalt in Faro recherchiert, wo und wie wir die benötigten Fahrradkartons bekommen und wo wir in Flughafennähe übernachten könnten. Bei Decathlon wurde uns versichert, sie hätten dann auf JEDEN Fall Kartons für uns. Wir entwickelten dennoch Plan B: ein Fahrradhändler versicherte uns Gleiches. Der bietet sogar einen Verpackungs- und Transportservice zum Flughafen an. Das Hostel war ca. 1 km vom Flughafen entfernt und 3,5 km von Decathlon bzw. dem Fahrradhändler.
Am 02.02. nochmal bei Decathlon vorbeigegangen: Leider hätten sie nun doch keine da, aber morgen gaaanz bestimmt! Morgens war aber doch keine Lieferung angekommen! Plan B hat dann funktioniert.
Immer wieder ein Thema bei Flügen mit Fahrrad: Wie transportiert man per Rad eine Box, die größer ist als das Rad- sonst würde es da ja nicht reinpassen! Wir haben den Transport mit einem Spaziergang verbunden, die Fahrräder schiebend, Karton auf der rechten Pedale und am Rahmen festgezurrt. Das Kurvenverhalten ist dann allerdings suboptimal. Genauso haben wir die Kisten dann zum Flughafen geschoben, dort kurz abgestellt und dann die Packtaschen geholt. Die ganze Aktion, die Fahrräder flugtauglich zu präparieren (Lenker und Pedale ab, Luft raus) und zu verpacken, sowie unser sonstiges Gepäck in unsere großen Reissäcke aus Myanmar zu stopfen, alles stets unter Kontrolle des Gewichts mit einer 1-€-Gepäck-Waage (Radbox <32 kg, Sack<23 kg), war in zwei Stunden erledigt. Gepäckabgabe hat ebenfalls gut geklappt. In Berlin auf dem Flughafen alles wieder zusammengebaut, die Packtaschen gepackt, aufgerödelt und ab in die S-Bahn zum Hbf. Dort von der kalten Ödnis geschlossener Läden etwas frustriert konnten wir uns doch bis um 23.30 Uhr bei einem großen Fastfood-Anbieter aufwärmen. Tja, und dann radelten wir nachts um 1.00 Uhr am Kanal entlang nach Hause, wurden wunderbar mit Essen und heißem Glühwein empfangen und sanken spät in unsere Betten.
Was uns auf dieser Radreise noch deutlicher geworden ist: wir sind gerne unterwegs, aber zeitlich begrenzt. Das Eingebundensein in ein soziales Netz, das Mitwirken an Projekten um das Zusammenleben, die Welt vor Ort ein klein wenig mitzugestalten, das ist uns total wichtig.
Und deshalb freuen wir uns sehr, wieder zu Hause zu sein, die Leute wiederzusehen, wieder mitzumischen und rumzuwursteln.
Also machts erstmal gut. Vielleicht wird im Herbst ein Vortrag auch aus dieser Reise – mal schaun.
Bis dahin – selber radeln!
Willkommen zuhause und vielen Dank für die spannenden Berichte und interessanten Bilder (die von der Rückfahrt am Kanal kommen sicherlich auch noch :-)