Von Teheran aus fuhren wir mit dem Nachtbus nach Isfahan. Alle sagten uns, dass es sehr unkompliziert sei. Da wir Zeit hatten, denn wir wollten erst um Mitternacht fahren, latschten wir mal wieder bis zum Terminal. Er ist nicht so groß wie in Ankara, aber dafür ein wenig turbulenter; und in der Dunkelheit ein Farbenspektakel ohne Gleichen. Im Iran sind die Städte, in denen wir bisher waren, nachts alle sehr bunt beleuchtet. Es blinkt und funkelt, Lauflichter, Farbwechsel etc. Strom ist günstig.
Unser Bus war ein VIP-Bus der besseren Klasse mit weniger Sitzen, mehr Beinfreiheit, hochklappbaren Fußteilen und einer kleinen Servicebox (Süßkram und Getränk), die man bei Antritt der Fahrt vom Busbegleiter in die Hand gedrückt bekommt. Morgens um 5.30 Uhr, es war noch dunkel, kamen wir übernächtigt in Isfahan an. Da wir keine Ahnung hatten in welcher Richtung die Stadt liegt, setzten wir uns erstmal ins Gras, und beobachteten, was um uns rum passierte. Langsam wurde es hell und die ersten Läden in der Terminalzentrale öffneten. Mit einem kleinen Übersichtsplan in der Hand gingen wir los, Richtung Stadt. Taxi wollten wir vermeiden und statt dessen mit dem Bus fahren. Nach einiger Zeit fanden wir die Bushaltestelle und stiegen ein. Die erste Überraschung: er war genauso voll wie morgens bei uns die Busse. Die zweite Überraschung: Als ich vorne einsteigen wollte, wies man mir die hintere Tür zu. Frauen nur hinten. Anders als in Teheran, wo die Fahrgäste vorne gemixt sitzen und der hintere Frauenteil nur optional für Frauen ist, war hier strenge Trennung angesagt. Da es rappelvoll war, standen wir beide doch dicht gedrängt im Mittelteil zusammen. Nach einem anständigen Fußmarsch fanden wir die Hoteladresse, die leider kein Hostel war, wie eigentlich erwartet. Übermüdet und mit langen Armen vom Taschentragen haben wir uns dann doch (mal wieder) für die teurere Variante entschieden. Wir konnten das Zimmer gleich beziehen, was nach der Nacht und angesichts der frühen Zeit (9.00 Uhr morgens) ein starkes Argument zum Bleiben war. Internet funktionierte nach einigem Rumprobieren auch.
Unser Plan war, zuerst das Visum zu verlängern und dann Sightseeing.Die Adresse hatten wir aus dem Internet gezogen, bekamen vom Hotel einen kleinen Stadtplan, ließen uns die Adresse zeigen und dann stiefelten wir los. – Nein, kein Taxi.
Es zog sich. Am Fluss Zayandeh-Rud entlang zieht sich eine wunderbare gepflegte Parkanlage, die auch reichlich zum Spazierengehen, Ausruhen, Schlafen, Spielen, Picknicken u.a. genutzt wird. Nach einer gefühlten Ewigkeit und dreimaligem Fragen erreichten wir das Amt für Ausländische Passangelegenheiten und wir versuchten unser Glück. Zuerst kam die Gepäckkontrolle. Alles Elektronische und Waffenähnliche mussten wir direkt am Tresen abgeben. Dann kam die Körperkontrolle. Ich musste in einen Nebenraum, wurde von einer Frau kurz abgetastet und bekam ein großes Umhängetuch über den Kopf gehängt; obwohl ich ein Kopftuch aufhatte! Und damit war ich dann die nächsten Stunden vorrangig beschäftigt. Denn sobald ich mich bewegte, rutschte es mir vom Kopf. Ich brauchte beide Hände, um das Tuch auf Kopf und um Körper irgendwie zu fixieren. Nach fünf Minuten wurde ich bald wahnsinnig. Aber die ganze Angelegenheit dauerte Stunden. Denn es stellte sich heraus, dass wir erst 7 Tage vor Ablauf des Visums eine Verlängerung beantragen konnten. Unser Nachhaken und Drängen führte dazu, dass wir zwar die Antragsformulare ausfüllen durften und zum Chef geladen wurden. Nur der wollte nicht verstehen, schickte uns schlecht gelaunt weiter zu einem Mitarbeiter, der entscheiden solle, wieviele Tage wir bekämen; der bekam einen kleinen Tobsuchtsanfall und schickte uns wieder zurück. Inzwischen schlossen alle ihre Türen und gingen zum Mittagsgebet. Wir waren völlig frustriert, weil wir damit überhaupt nicht gerechnet hatten. Im Gegenteil. Wir hatten gelesen, dass es in Isfahan sehr schnell und unkompliziert sei, das Visum zu verlängern! Wir beschlossen, diese Prozedur abzubrechen und in Teheran die Verlängerung zu beantragen. Wir hatten die Unterlagen schon wieder in unsere Umschläge gepackt, als der Chef vom Gebet zurückkam, und wir den Fehler begingen, doch zu bleiben, denn die Hoffnung stirbt zuletzt. – Schade um die weitere Stunde Lebenszeit. Am Ende wurde unser Begehr abgelehnt und ein Mitarbeiter, dem die ganze Sache unangenehm war, erklärte, in ihrer Stadt gäbe es leider dieses Gesetz, aber in jeder anderen Stadt würden wir ganz problemlos die Verlängerung bekommen.- Wir waren also an einen kleinen Napoleon geraten!
Inzwischen war der halbe Tag rum und wir latschten wieder zurück Richtung Innenstadt. Das war der Tiefpunkt. Dann wurde es besser. Eine ganz erstaunlich schöne alte Kirche lag auf unserem Weg und am Ende des Tages hatten wir die wunderbare Moschee mit dem Pfauenschwanz, den Platz, auf dem das Polospiel erfunden wurde, den großen alten Bazar und den Komplex des Imam gesehen, bewundert und bewandert.
—Anmerkung Fritz: In der Mitte der Kuppel dieser Moschee ist ein kleiner Pfau dargestellt. Der Schwanz entsteht durch Reflexion des Tageslichts eines Fensters über dem Eingangstors auf Goldplättchen in der ganzen Kuppel und verändert seine Richtung und Länge abhängig von der Position des Beobachters im Raum. Mich hat diese Moschee schon auf meiner Reise vor 40 Jahren fasziniert und ich bin glücklich, dass ich sie ein zweites mal sehen durfte.—
Am nächsten Tag liefen wir am Fluss entlang zum Vogelpark. Teilweise ist er schön angelegt und unter dem riesigen Netz sind die verschiedensten Vogelarten frei unterwegs. Leider sind die großen Greife in gruseligen Betonvolieren untergebracht. Da ist noch was zu tun.
Isfahan hat uns wirklich gut gefallen. Sehr grün, nicht ganz so chaotisch wie Teheran, der große Platz einfach toll.
Abends und nachts sind übrigends anscheinend alle grünen Plätze und Parks bevölkert von Menschen, die dort ihren Abend verbringen. Ein wenig von dieser “Draußenkultur” würde uns in Wolfsburg auch guttun. Man stelle sich vor,nicht nur am Allersee, sondern auch in der Stadt, am Schillerteich, am Planetarium oder auf anderen Grünflächen würden abends bis in die Nacht alle Altersgruppen auf dem Rasen auf einer Decke sitzen, Abendbrot essen, erzählen, ein Stündchen vorschlafen etc. Für uns eine schöne Vorstellung.
Isfahan ist ein religiöses Zentrum und vielleicht deswegen sind sehr viel mehr Frauen mit den schwarzen Ganzkörperumhängen zu sehen.
Die Freundlichkeit uns gegenüber ist wie überall sehr groß und wir werden sogar von drei jungen Männern mit Videokamera interviewt zum Thema Azan Musik. Das ist der Gebetsruf der Muezzins. Wie wir die Musik empfänden, welche Unterschiede zum Kirchengeläut wir sähen, und ob ein gemeinsamer Gottesdienst, Christen und Muslime, aus unserer Sicht vorstellbar sei? – Wir fanden das eine sehr interessante Idee- als Projekt der Verständigung und sind vielleicht irgendwann im iranischen TV zu sehen!
Apropos TV. Der Hotelier meinte beim Abschied, Fritz erinnere ihn an den berühmten iranischen TV-Zeichner “Dotmos”. Vielleicht finden wir etwas über ihn.
Wieder nachts um halb eins in den Bus und ab nach Shiraz, die Stadt der Dichter und Rosen, und von Persepolis.
Hübsche, fröhliche und bunte Schuhe :-))
Hab ich sofort gesehen :-))
Dagmar
Liebe Karin,
da kommen ja sofort Erinnerungen hoch! Ich lese u. sehe Eure Berichte mit großem Vergnügen und mit Spannung, was Euch begegnet. Übrigens waren Ulrich und ich 1971, also auch vor über 40 Jahren, mit dem Campingbus in Persien.
Viel Freude in Persepolis und Shiraz! Ich freue mich schon auf Euren Bericht!
Lieben Gruß
Anneliese