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Ostern in Bulgarien

Zunächst mal: Wir hatten bisher den Eindruck, dass Kirche im Bulgarien kaum stattfindet. Man sieht in den Dörfern nur ausnahmsweise Kirchen und wir hatten das Gefühl, dass religiöses Leben eine viel geringere Rolle als in den übrigen Balkanländern spielt.

Das Projekt für heute war: Ostergottesdienst in einer orthodoxen Kirche. Deswegen hatten wir in Tarnovo in einem Hotel Quartier genommen, um früh unterwegs sein zu können. Leider konnte im Hotel niemand so recht sagen, wo in der (großen) Stadt überhaupt eine Kirche, geschweige denn ein Ostergottesdienst sei. Wir sind dann auf sehr ungenaue Beschreibung hin morgens losgewandert. Dieses Projekt ist gescheitert.

Karin meinte irgendwann Geläut zu hören. Wir sind dann, nach Türmen Ausschau haltend, in der Altstadt zufällig in der uralten Nikolaikirche gelandet, wo eine ältere Kirchendienerin uns hereinbat und zwei Kerzen und ein geweihtes Osterei verkaufte, der Geistliche irgendwelche Dinge verrichtete und wir ansonsten allein waren. Wir haben uns ein wenig umgesehen und uns dann auf zwei der wenigen Stühle gesetzt zur inneren Einkehr oder Meditation. Im Laufe der Zeit kamen aber doch viele Menschen zu religiösen Handlungen und es entstand durchaus der Eindruck einer lebendigen Kirche.

Obwohl die Kirchendienerin und der Geistliche kein Englisch sprachen, hat Karin ihn doch versucht nach einem Gottesdienst zu fragen. Daraus ergab sich, radebrechend mit russisch-Brocken ein wunderbares Gespräch.

Der Geistliche, nennen wir ihn einfach mal so, denn wie er in der orthodoxen Kirche genannt wird, wissen wir nicht, fragte wo wir herkämen: Germania. Da nannte er sofort Dresden, Berlin und Trabant. Er war interessiert und so versuchten wir ihm verständlich zu machen, dass wir mit dem Fahrrad da seien. Nach einigem Brockenaustausch verabschiedeten wir uns mit einem „spaciba“(Lautschrift). Darauf reagierte er sehr erfreut, ging zum Tisch und holte von dort zwei geweihte Ostereier, ein grünes für Fritz und ein rotes für mich. Wir radebrechten weiter und zeigten ihm unsere eingeblisterte große Reiseroute. Er zeigte Erstaunen bis Begeisterung und wir meinen ihn so verstanden zu haben, dass er am Liebsten mitkommen würde – zum Missionieren. Als wir uns wieder verabschieden wollten, fragte er, ob wir „Hans“ und „Anna“ heißen würden- auf die Berichtigung hin, eilte er wieder zu seinem Tisch und kam mit einem Osterzopf zurück- als Proviant- geweiht natürlich. Und beim Hinausgehen rief er mich noch einmal und zupfte von einer Duftgeranie im Fenster ein Blatt ab, rieb daran und gab es mir. Er verabschiedete uns mit Händedruck und „Prospect!“. Wir sind nicht ganz sicher, ob es „Vorsicht“, eher „Gute Fahrt“ oder „passt auf Euch auf“ heißt. Auf jeden Fall sind wir ganz erfüllt und bereichert von dieser Begegnung. Eine menschliche Berührung.

Was bleibt:

Unser erster Eindruck von Bulgarien war geprägt von erschreckender Armseligkeit und Vermüllung im Grenzort und den Dörfern der ersten zwei Tage – im Gegensatz zu der großen Freundlichkeit der Menschen. Der zweite Eindruck, der immer deutlicher Raum gewinnt, zeigt uns ein Land mit Gegensätzen- klar, aber auch viel Entwicklung, fruchtbare Böden, kulturell lebendige Orte,- eher südeuropäischer Flair. Im Zusammenhang mit der oben beschriebenen Begegnung zeigt es sich mal wieder, dass wir Zeit, Orte und Gelegenheiten brauchen, um zumindest ein wenig Land, Leute und Verhältnisse wahrnehmen zu können, und uns nicht durch schnelle Beurteilungen neuen Erfahrungen zu verschließen.

 

1 Kommentare

  1. Wolfgang Dr. Claus sagt

    Euere Reise durch Bulgarien erinnert mich an meine Fahrradtour 1959 durch Bulgarien(von Sofia aus zum Schwarzen Meer und zurück über Plovdiv nach Sofia). Auch ich wurde damals überall sehr herzlich aufgenommen und meistens auch verköstigt, denn mit DDR-Geld konnte man nicht viel anfangen.
    Weiterhin gute Reise! ich verfolge alles mit großer Spannung.
    Liebe Grüße Wolfgang Claus

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