Finnland, Länder, Nordtour 2022, Tagebuch
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Finnmark/Lappland

Ein Dauerthema bleibt das Wetter. Regen und Wind – wieviel und aus welcher Richtung. Von beidem gibt’s die nächsten Tage reichlich.
Auf offener Strecke lädt eine Silberschmiede mit großem Plakat zum Halt ein. Wir wundern uns über die drei großen österreichischen Reisebusse auf dem Parkplatz – bis wir in der Hütte sind. Der Besitzer ist Österreicher, der eloquent den Touristen die samische Kultur inclusive des Silberhandwerks näherbringt.

Es ist faszinierend, wie die Landschaft sich immer wieder verändert. Mal hügelig bewaldet, dann wieder offen, moorig und felsig – und immer ziemlich menschenleer. Einmal läuft sogar ein Polarfuchs über die Straße – zu schnell für die Kamera. Die Rentiere dagegen lassen sich häufig Zeit.

Die erste Zieletappe in Finnland ist Inari, wo wir ein Sami-Museum besuchen. Es ist hochmodern, mit vielen interaktiven Elementen und einem großen Außengelände mit alten Gebäuden. Wir brauchen fast den ganzen Tag für diese Bildungseinheit, sind hinterher völlig platt und radeln nur noch kurz zum nächsten Campingplatz. Nordlappland hat eine sehr geringe Bevölkerungsdichte und entsprechend groß sind die Abstände zwischen den Siedlungen. Allerdings haben wir es immer rechtzeitig zum nächsten Supermarkt geschafft, trotz meiner Versorgungsängste. Genauer gesagt, schleppen wir viel mehr Proviantvorräte als notwendig mit,- man weiß ja nie!

Als wir an einer Straßenkreuzung halten sehe ich das Hinweisschild: Murmansk 303 km. Das fühlt sich richtig exotisch an. Und die russische Grenze ist auch nur 50 km entfernt. Die meisten Grenzübergänge sind geschlossen, einer hat eingeschränkte Öffnungszeiten. Finnland und insbesondere Lappland hat im 2.Weltkrieg schwer unter den Deutschen gelitten, die auf dem Rückzug eine Politik der verbrannten Erde verfolgten. Einige Gedenkstätten erinnern daran. Es gibt so gut wie keine alte Bausubstanz in den Städten und Ortschaften.

Der Verkehr ist sehr überschaubar. Es wird zwar nicht ganz so entspannt gefahren wie in Norwegen; manche LKW rauschen ganz schön dicht vorbei – aber die meisten weichen gut aus. Winter ist hier anscheinend mehr los. Wir übernachten in einem Winterskiort, der eigentlich nur aus Hotels und Restaurants besteht – jetzt allerdings nur mittelmäßig belebt ist. Es schüttet mal wieder und so nehmen wir ein Zimmer in einer großen Blockhütte. Wir sind ganz allein und genießen eine große Küche sowie eine Sauna. Das Frühstück gibt’s in einem SPA-Hotel – wir staunen über die Indoor-Wasserlandschaft und arbeiten uns derweil durchs Frühstücksbuffet.

Den nächsten Abend genossen wir bei wolkenbruchartigem Regen wieder im Trockenen in einer Kota (Grillhütte). Das Dumme war nur, dass wir irgendwann doch ins Zelt mussten, da dort die Schlafsäcke waren. Dennoch ein schöner Abend.

Die beste Übernachtung hatten wir vor zwei Tagen. Ein Laavu, ein Unterstand, der an einer Seite offen ist, mit Grillstelle und Feuerholz. Sie sind für Wanderer gedacht und in ganz Finnland verbreitet; allerdings eben meistens weit abseits irgendwelcher Straßen oder Wege. Dieser war für uns gut zugänglich und einfach nur genial. Ein Geschenk.

Nach fast zwei Wochen südwärts strampeln haben wir es nun geschafft. Wir haben den Polarkreis wieder überquert. Übrigens kommen uns jeden Tag Radler und Radlerinnen auf dem Weg nach Norden entgegen, mal hochbepackt und langsam, mal mit Rennrad und bike-packing-technisch schnell unterwegs. Man grüßt sich kurz, reckt manchmal den Daumen nach oben und fährt weiter.

In Rovaniemi, dem Wohnort des Weihnachtsmanns und mit 60 000 EW der größten Stadt in Lappland, machen wir einen Tag Pause. Nach intensiver Recherche scheint es klar zu sein, dass dieser Ort erst 1998 zur offiziellen Weihnachtsmannstadt erkoren wurde – als das Santa Claus-Dorf und ein Freizeitpark entstand. Es werden weltweit nämlich wohl noch ein Dutzend weitere Wohnorte beansprucht.

Rovaniemi ist im 2. Weltkrieg völlig zerstört worden und nach dem Krieg nach einem Plan von Aalto (der in Wolfsburg ja gut bekannt ist) wieder aufgebaut worden. Der Stadtplan soll einem Rentierkopf darstellen – heute braucht man viel Fantasie, um das zu erkennen. Wir nutzen den Pausentag wieder für die Weiterbildung: das Arktikum – ein Museum. Und wieder platte Füße, dicker Kopf und Rückenschmerzen. Gut, dass es morgen wieder weitergeht: Richtung Ostseeküste, leider mit vorhergesagten Regenschauern und Gegenwind.

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