Ein kurzer Exkurs muss sein: Die Placa de Tres Culturas (Bild oben) liegt im Universitätsviertel und heißt so, weil hier Ruinen von Pyramiden der Ureinwohner(im Mittelfeld zu ahnen), eine Kathedrale der spanischen Eroberer und neuzeitliche Plattenbauten eng beieinander stehen. Hier fand 1968 ein Massaker statt. Es gab Demonstrationen wie überall auf der Welt. Und das Militär postierte auf den Gebäuden rings um den Platz Scharfschützen, die auf Polizisten schossen. Da diese dachten, die Schüsse kämen aus der Menge, eröffneten sie das Feuer auf die Demonstranten. Weit über 100 Tote war das Ergebnis. Erst vor wenigen Jahren wurde das Ganze untersucht und aufgeklärt. Ein Kommentar erübrigt sich wohl.
Die Jungfrau von Guadelupe ist die mexikanische Nationalheilige. Im 16. Jahrhundert sei –so die Sage- einem Indio mehrfach die Muttergottes erschienen und schließlich war auf seinem Poncho eben das Bildnis der Jungfrau, die ihm mitten im Winter bunte Blumen darauf gestreut habe. Dieses Bildnis, das den zuständigen Bischof nach anfängliche Skepsis überzeugte, enthält viele mythologische Elemente der Urbevölkerung (Sonne, Mond, Fruchtbarkeit…). Am Ort dieses Wunders wurde eine Kapelle gebaut, dann eine Kirche, die aber wegen des weichen Untergrundes aus statischen Gründen lange nicht genutzt werden konnte, und dann schließlich 1974 eine Riesenkirche, die 40.000 Menschen aufnimmt und einer der größten christlichen Wallfahrtsorte der Welt ist. Sie steht im Norden von Ciudad Mexico. Der Original-Poncho (?) ist hier ausgestellt und wird täglich sicher tausende Male fotografiert. Die Gläubigen werden auf einem Laufband daran entlang geführt!
Auf dem Anstieg zum Pass auf dem Weg nach Puebla ereilte uns die Schwäche. Der Zufall wollte es, dass da gerade eine Pulque-Ranch war. Was das ist? Pulque gilt als mexikanisches Nationalgetränk (mehr noch als Tequila!), das es schon in prähistorischer Zeit gab und außerhalb des Landes kaum bekannt ist, weil es so schnell verdirbt. Den riesigen Agaven werden die inneren Blätter ausgeschnitten, so dass das Herz freiliegt und einen süßlichen Saft absondert. So eine Agave liefert am Tag 1 – 2 Liter und stirbt dann etwa 8 Monate nach der ersten Nutzung. Der Saft wird nicht mit Hefe sondern in sehr wenigen Tagen mittels einer Bakterienart vergoren zu etwa 2-6%. Schmeckt milchig-süß und wird meist mit irgendwelchen Fruchtsäften vermischt. Wir haben den Pulque mit geschredderter Ananas als Pina-Colada-Ersatz genossen. War gar nicht schlecht!
Am nächsten Tag haben wir dann den Pass „genommen“ und uns dort oben erst mal gestärkt. War superlecker! Die Abfahrt war denn doch nicht wie gedacht so „einfach nur rollen lassen“. Die Fahrten in den Randgebieten großer Städte ziehen sich immer gewaltig hin. Den Eingang ins fractionamente (Wohnanlage) unserer Freunde haben wir auch erst nach einigem Suchen gefunden.
Aber dann gab’s ein super-Abendessen und am nächsten Tag (der als Tag der Revolution Feiertag war) Familien-Ausflüge: Zunächst zu der wunderbaren Kirche Cholula auf einem Hügel, wo (obwohl das ja ein weltlicher Feiertag ist!) eine gewaltige Prozession mit verschiedenen Heiligenfiruren, Blasmusik und Sylvester-Raketen (aus der Hand abgeschossen!) und dem wieder rauchendem Popocatepetl. Karin und Anna haben dann noch geröstete Heuschrecken genascht.
Alsdann zu einem historischen Dorf, das ein Touristenmagnet ist mit Kulinarischem und Shopping. Tochter Sara saß erstmalig auf einem Esel!
Durch Vermittlung aus Wolfsburg hatten wir kurzfristig eine Werksführung (von der es natürlich keine Fotos gibt), sogar auf Deutsch durch eine Praktikantin (vielen Dank!) aus Süddeutschland. Soweit wir das so als Laien beurteilen können, sieht das hier bis in die Details hinein aus wie im Wolfsburger Werk und wie in Poona/Indien. Wir waren schwer beindruckt!
Gestern hatten wir bei der Stadtverwaltung (in Person des Ministers für wirtschaftliche Entwicklung Senior Peniche) einen sehr herzlichen Empfang (vielen Dank auch dafür!) und überbrachten eine Grußbotschaft unseres OB Herrn Mohrs. Beschenkt wurden wir mit einer super-kompetenten Führung durch die wichtigen zentralen Gebäude (Rathaus, Kathedrale, historische Bibliothek …). Zu erwähnen ist, dass es in der Stadt vor vier Wochen einen Machtwechsel gegeben hat. Nach siebzig (!) Jahren wurde die bisher stärkste Partei abgewählt. Die neue Stadtpräsidentin Claudia Rivera Vivanco (an der Spitze einer eher linken Koalitionsregierung) sei, so hörten wir, 23 Jahre alt! Wir wünschen ihr von Herzen viel Erfolg! Ob die Suche nach Bürgernähe schon Anzeichen einer neuern Ära ist?